28.11.08

TEMPLIN: Staatsanwaltschaft erhebt Mordanklage gegen Neonazis

Die brutale Tat hatte bundesweit Aufsehen erregt: Vier Monate nach dem Mord an einem Obdachlosen in Templin hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Männer aus der rechtsextremen Szene erhoben.

Die Ermittlungsbehörde wirft den 19- und 22-jährigen Männern vor, ihr Opfer aus niedrigen Beweggründen durch massive Gewalteinwirkung gegen den Kopf getötet zu haben. Dies teilte die Staatsanwaltschaft Neuruppin am Donnerstag mit. Der Mord an dem 55-jährigen Obdachlosen vor vier Monaten in Templin in der Uckermark hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Beide Tatverdächtige sitzen in Untersuchungshaft und sind nach Angaben der Anklagebehörde bereits wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft. Sie sollen die Tat begangen haben, nachdem ihre Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden war.

Die Ermittler sehen das Motiv für die Tat in erster Linie in der rechtsextremen Gesinnung der Beschuldigten. Sie hätten ihr Opfer aus sozialen Gründen als "minderwertig" eingestuft, hieß es in der Mitteilung der Anklagebehörde. Vor dem tödlichen Übergriff sollen die Tatverdächtigen und das Opfer gemeinsam Alkohol getrunken haben. Die jungen Männer sind wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt. Dem 19-Jährigen wird zudem das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zur Last gelegt. Er soll rechtsradikale Parolen gerufen haben.

Nur kurze Zeit nach dem Mord an dem 55-jährigen Mann wurde in Templin ein 16-Jähriger brutal misshandelt und schwer verletzt. Auch der in diesem Fall Tatverdächtige gehört der rechten Szene an. Er soll dem bereits am Boden liegenden Opfer mit dem Fuß auf den Kopf getreten haben.

Nach den Übergriffen war die Stadt Templin in die Kritik geraten, da Bürgermeister Ulrich Schoeneich (parteilos) von einer rechten Szene in dem idyllischen Kurort zunächst nichts wissen wollte. Vertreter von Politik, Kirche und Opferverbänden forderten mehr Zivilcourage und Einsatz gegen Rechtsextremismus.

Die Stadtverwaltung fühlte sich missverstanden, unterstützte dann aber Initiativen gegen Rechts und gründete eine Arbeitsgruppe. An einem Benefizkonzert zum Gedenken an das 55-jährige Mordopfer nahmen rund 250 Bürger teil. Stadtverordnete trafen sich mit Vertretern von Polizei und Verfassungsschutz. Jugendliche organisierten ein Fest der Demokratie.

2002 war im etwa 35 Kilometer entfernten uckermärkischen Potzlow ein 16-Jähriger von zwei Rechtsextremisten in einem Schweinestall bestialisch zu Tode gequält und anschließend in einer Jauchegrube versenkt worden.

24.11.08

NPD - Nationalsozialismus salonfähig machen

RECHTSEXTREMISTEN

 

Neue Großmäuligkeit NPD-Funktionäre wollen ihre Partei mit einem intellektuell angehauchten Nationalismus salonfähig machen.

 

Dagegen formiert sich Widerstand an der Basis.

Erst lobte Udo Pastörs die Muslime, wegen ihrer „intakten Identität und lebendigen Traditionen“. Dann jammerte der NPD-Fraktionschef im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern über die „masochistische Neigung“ der Deutschen, „das eigene Volk abzuwerten oder herabzusetzen“. Und schließlich machte er zum siebzigsten Jahres-

tag der Reichspogromnacht die Opfer zu Tätern.

Erst der Deutschenhass der Juden habe den Judenhass der Deutschen provoziert, heißt es sinngemäß im Entwurf des Pastörs-Antrags 5/1961, über den die NPD am vergangenen Donnerstag im Landtag abstimmen lassen wollte.

So brutal hatten es die Berufsprovokateure vom rechten Rand dort bislang nicht formuliert. Denn wer so redet, riskiert ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung. Und wer so etwas per Landtagsdrucksache verbreitet, könnte wegen Beihilfe ins Visier der Fahnder geraten.

Deshalb stellten die Mitglieder des Ältestenrates im Schweriner Parlament ihrem NPD-Kollegen Stefan Köster ein Ultimatum. Seine Fraktion möge den Antrag zurückziehen oder die entsprechenden Passagen streichen. Pastörs und seine Mannen drehten kleinlaut bei und legten eine entschärfte Version vor. „Ein Antrag, der wegen volksverhetzender Inhalte von einem Parlamentspräsidium zurückgewiesen werden muss, ist ein bemerkenswerter Vorgang“, sagt Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee in Berlin, „das hat eine neue Qualität“.

Verfassungsschützer werten die neue Großmäuligkeit allerdings als Zeichen der Schwäche. Mit dem Antrag hätten Abgeordnete und Funktionäre dem Parteivolk in den Freien Kameradschaften beweisen wollen, dass die NPD auch im Parlament radikal Flagge zeigt. Denn der Spagat zwischen Neonazis und bürgerlich angehauchten Nationalisten bringe die NPD- Spitze mehr und mehr in die Bredouille.

In Sachsen und Bayern haben sich bereits zahl- und einflussreiche Kampfgenossen wie der „Kameradschaftsbund Hochfranken“ von der Partei abgewandt. Sie werfen der NPD einen ‚WischiwaschiKurs“ vor, mit dem „keine revolutionäre“ Politik mehr möglich sei. Die Kritik gilt nicht zuletzt Funktionären wie dem ehemaligen Waldorf-Lehrer Andreas Molau, der die Geduld der Neonazis mit dem Versuch strapaziert, die NPD zu intellektualisieren. Schon als Redakteur der rechten Theoriepostille „Junge Freiheit“ träumte der „Leiter des Amtes Bildung“ beim NPD-Parteivorstand davon, Nationalkonservative aller Schattierungen „gedanklich an einen Tisch zu bringen“.

Molau gilt auch als treibende Kraft einer Veranstaltung in Schwerin, mit der die NPD im August die Szene irritierte. Auf einer Tagung der Stiftung „Kontinent Europa“ fabulierten Pastörs und Köster wolkig über die „Fundamente für ein Europa der Zukunft“, die von „Deutschland und Russland“ in engem Schulterschluss geschaffen werden müssten. In kahlrasierten Köpfen, in denen noch der Gedanke an Rache für Stalingrad spukt und Russen als slawische Untermenschen gelten, sorgt derlei Geschwurbel für Frust. Zu allem Überfluss ließ die Parteispitze auf ihrer Web-Seite das Fußvolk auch noch wissen, man habe die Tagung mit einem Besuch der Oper „Carmen“ ausklingen lassen.

In Sachsen sorgte die Kluft zwischen Weichspülern und Hardlinern bereits für Haue an der Heimatfront. Vor zwei Wochen kam es im Dresdner Landtag zu einem Gerangel zwischen dem Fraktionsmitarbeiter Peter Naumann und dem Abgeordneten Jürgen Gansel, bei dem Naumann Gansel, „wenigstens einen Faustschlag ins Gesicht verpasst hat“, wie der „Schriftleiter“ der NDP-kritischen rechter Internet-Seite „Altermedia“ zufrieden meldete. Schließlich habe sich Naumann, ein vorbestrafter Ex-Terrorist, in den vergangenen Monaten mehrfach „von Gansel Gehässigkeiten gefallen lassen müssen“.

Hintergrund der Auseinandersetzung war die Rede des Fraktionsmitarbeiter bei einer NPD-Kundgebung im Vogtland Anfang November, auf der Naumann deutliche Sympathien für Freie Kameraden, Autonome Nationalisten und Skinheads hatte erkennen lassen. Die aber sind Gansel als „unbelehrbare und politikunfähige NS-Esel“ schon seit langem ein Dorn im Auge. Der Historiker und Politikwissenschaftler träumt, wie Molau, von einer Volksfront mit Nationalkonservativen und bürgerlichen Nationalisten. Kameraden, die auf Demonstrationen „Nationaler Sozialismus-Jetzt“ fordern, stören da nur. Im Vogtland mussten sie, so wollten es Gansel und Sachsens NPD-Fraktionschef Holger Apfel, Transparente mit dieser Parole wieder einrollen.

13 NPD-Mitglieder aus Plauen kündigten daraufhin die Mitgliedschaft und er läuterten ihre Gründe auf der Web-Seite ihres Kreisverbandes. Von „Bonzen“ und „Sesselhockern“ wie „Apfel und Gansel denen es nur noch um Macht und Geld geht“, wollten sie sich als „nationale Sozialisten“ nicht weiter „benutzen“ Lassen heißt es da: „Wir brauchen die NPD nicht die NPD braucht uns.“

 

DER SPIEGEL 48/2008

22.11.08

Victor W

In unserer Familie war es ganz klassisch, dass wirklich nie über die Vergangenheit geredet wurde, dass Erika und Günter nie Verantwortung für das eigene Handeln übernommen haben und dass die Kinder es auch nie gewagt oder nie gewollt haben, kritische Fragen an den Vater oder die Mutter zu stellen. Sie haben diesen Vater – Victor W. - vergöttert, und er ist heute noch für sie der absolut tolle Vater. Der er bestimmt für sie auch war, aber seine Kinder wollen nicht wahrhaben, dass er auch eine ganz andere Rolle gespielt hat. Dass er von der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur sehr profitiert hat, sondern dass er da auch ganz aktiv und gewollt Karriere gemacht hat.

Interessanterweise ist das auch mit der nachfolgenden Generation nicht passiert. Weder meine Schwester noch mein Bruder war jemals daran interessiert, ein Gespräch über unsere Familie zu führen, noch habe ich von ihnen irgendeine Reaktion auf meine Fragen bekommen.

Ich versuche, das nicht zu sehr zu bewerten, aber es ist gut möglich, dass auch einige das Gefühl hatten, es ist ganz praktisch, dass ich das jetzt erledige, stellvertretend für die Familie. Da kann ich aber nur spekulieren.

Denn Reaktionen und Meinungen bekomme ich immer nur auf indirektem Wege mitgeteilt, weil die keinen direkten Kontakt mit mir haben wollen.

Die Schwester von meiner Frau ist ja nach wie vor sehr aktiv in rechtsextremen Kreisen, und sie hat ihren Sohn leider auch dementsprechend erzogen. Das heißt, der Sohn ist völlig loyal gegenüber der Mutter, und ich bin an sie nie herangekommen. Das ist natürlich sehr schade.

Bei der Tochter von Victor Wesolowski verstehe ich natürlich, dass sie damit nichts zu tun haben will, wobei ich denke, dass sie auch nur hätte davon profitieren können. Da bisher keiner so fair mit ihr umgegangen ist, wie ich das getan habe. Sie ist eine Person, mit der ich sehr viel Mitleid habe, da sie ein sehr schwieriges Leben hatte und einfach in einer Position ist, in der es sehr schwer ist damit umzugehen.

Wenn man einen Vater hat, der so fürchterlich viele Verbrechen begangen hat, dann hat man nicht sonderlich viel Auswahl, wie man damit umgehen kann. Das lässt, denke ich, nur sehr extreme Wahlmöglichkeiten: entweder man verschließt die Augen und bleibt absolut loyal, so wie sie sich entschieden hat, die Wahrheit nicht zur Kenntnis zu nehmen, weil sie wahrscheinlich unerträglich wäre. Oder man bricht damit völlig und versucht eine komplett neue Identität anzunehmen.

Außerdem bin ich der Meinung, es ist nicht so schwierig, dass wir irgendwann zu dem Punkt kommen, dass wir unseren Eltern vergeben, was sie uns angetan haben. Das ist das Äußerste, was wir tun können. Dass wir vergeben, was sie uns weitergegeben haben an schwerem Erbe. Aber was ich überhaupt nicht sehe ist, dass man vergeben kann, was sie getan haben. Das kann man nicht vergeben.

Deshalb stellt sich die Frage immer und immer wieder, gibt es noch ein Defizit, was das Wissen über unsere eigenen Familiengeschichten betrifft?

Und da kann man nur sagen, es hat ja gerade erst angefangen, dass diese familiären Verstrickungen versucht werden aufzuarbeiten. Es ist ja tatsächlich so hier in Deutschland, dass man permanent auf allen Radio- und Fernsehsendern irgendeine Dokumentation über die Zeit hören und sehen kann. Fast alles wissen wir über diese Zeit und auf der anderen Seite weiß kaum jemand etwas über die eigene Familie, was die damals gemacht hat. Es ist ein riesiger Zwiespalt.

Ich glaube, dass erst seit ein paar Jahren versucht wird, eine Verbindung zu schaffen, zu versuchen, die eigenen Familien in den Kontext der historischen Zeit einzuordnen. Zu gucken, wo standen die denn damals, wie kann ich meine Familie mit dieser großen Geschichte verknüpfen. Und das ist etwas, was sehr mühsam ist und was offensichtlich erst nach so langer Zeit möglich ist, weil es vorher zu schmerzhaft war. Es braucht einfach sehr viel Zeit, bis man da ran kann.

18.11.08

Jüdische Ghetto in Tomaschow-Mazowiecki



„Zwangsverschickung“ der Juden von Tomaszow Mazowiecki in 1942

 

Die jüdische Gemeinschaft wurde 1831 gegründet. Die ersten Juden arbeiteten in den lokalen Spinnfabriken. Die Händler unter ihnen übernahmen die Fertigprodukte und verkauften sie auf Märkten im ganzen Land. Später wurden einige Juden Inhaber der verschiedenen Textilfabriken. Tomaszow-Mazowiecki. wurde von den deutschen Truppen am 06. September 1939 besetzt. Zu dieser Zeit lebten 13.000 Juden in der Stadt (Deutsche: etwa 3.000).

Sehr bald fingen die Deutschen, die Juden an zu quälen und zu verfolgen. Mitglieder der Intelligenzija wurden in das KZ Buchenwald deportiert. Andere wurden in Lager im Lublin-Bezirk verbannt und zur Zwangsarbeit verurteilt. Im Dezember 1940 wurde das Getto errichtet, unterteilt in drei Teile. Alle Juden von Tomaszow-Mazowiecki mussten in das Ghetto, zudem 3.000 Juden aus benachbarten Dörfern. So wurden 16.000 Leute auf 250 Häuser aufgeteilt, also ca. 64 Juden pro Haus. Im Januar 1941 / Februar 1941 brach eine Flecktyphusepidemie aus.

Am 15. Dezember 1941 wurde das Getto vollständig (alle drei Teile wurden zusammen-gelegt), abgeriegelt. Im Januar 1942 brach eine weitere Flecktyphusepidemie aus.

Die Ghettobevölkerung wurde durch Epidemien, Hunger, Deportationen in Zwangs-Arbeitslager (Blizyn, Pionki u. a.), Massenerschießungen und Todesurteile dezimiert.

Juden wurden gezwungen, ihre Bärte abzurasieren.

Ab 23. Oktober 1942 wurde das Ghetto von Ukrainischen, Litauischen und deutschen Polizeitruppen bewacht. Alle Straßenlaternen des Ghettos waren ständig an. Die Wachmannschaften schossen auf alles was sich bewegte im Ghetto.

Am 29. Oktober 1942 kamen Männer, Frauen und Kinder zum Gebäude des Judenrats und baten um die spärlichen Informationen. Vor allem wollten sie wissen, wohin sie verbannt würden. Leute suchten Kontakt durch umfassen und flüsterten Wörter von Trennung und unterdrückten Gefühl und unwissend, wo sie hingebracht werden sollen und was ihr Schicksal sein würde.

Am Abend erschien das Gestapo und bestellte die jüdische Polizei und die gesunden Arbeitskräfte um die Masse zu beruhigen: "Alle würden bleiben und keiner würde verbannt: aber jedermann, der solche Gerüchte über Zwangsverschickung verbreiten würde, wird streng bestraft". Alle müssen im Haus bleiben.

Am nächsten Abend wurden Hunderte Juden von  benachbarten Städten und Dörfern wie Herdenvieh auf einem Feld zusammengepfercht und warteten auf einen Zug ins Nirgendwo.

Gelegentlich wurden Schüsse auf die Leute abgefeuert. Weiterhin suchten die Inhaftierten nach ihren Verwandten. Diese Schüsse waren auch eine Warnung an jedermann, der sogar an Entweichen dachte. Vom frühen Morgen des 31. Oktober 1942, mussten die meisten Juden die Viehwaggons besteigen und wurden nach Treblinka deportiert. Juden der nahe gelegenen Dörfer kamen auch an und wurden den Opfern hinzugefügt. Überschüssige Leute wurden zur Stadt zurückgeschickt und in leere Fabrikhallen gestopft. Lokale Juden wollten ihnen Nahrung und Wasser geben, aber wurden daran von den ukrainischen SS-Männern gehindert. Leute hetzten überall und versuchten, mit ihren Familien wiedervereinigt zu werden. Dieses mit einem Rucksack, dieses ein Bündel tragend, Mütter mit Kindern in ihren Armen - und eine, die einige Kinder an der Hand hält. Ein Auftrag schellte heraus: " Alle Juden Raus! " (" Alles Juden Raus"). Alle Juden wurden von ihren Häusern in die Höfe weggetrieben. Dort jüdische Polizei, Gestapo und Ukrainer, bewaffnet mit Maschinengewehren, wartete sie. Die Juden wurden gezwungen, hinunter ihre Rucksäcke und Bündel zu werfen. Sie mussten in den Reihen von fünf ausrichten, 20 oder 25 Reihen bilden, und in Richtung zum ehemaligen Krankenhaus in der Wajcznoso Straße marschieren, hinter verlassen und über Tote und Verletzte stolpern. Ehemänner wurden von ihren Frauen getrennt, Kinder schrieen und suchten nach ihren Eltern. Die Opfer erreichten den Krankenhaushof und richteten wieder in den Reihen von fünf aus. In der Wajcznoso Straße fand eine Kontrolle statt. Die Gestapo Polizeimänner lasen die Dokumente durch, die Juden ermöglichend, im Getto für Arbeit zu bleiben. Diese Juden wurden zu einer Fabrik in der Sotlerska Straße zurückgeschickt.

Alle anderen Juden wurden in Gruppen von 120 unterteilt und geschickt zum Bahnhof, geschützt worden von bewaffneten Deutschen und von Ukrainern. Bevor diese 6.000 Juden in die wartenden Viehwaggons gestopft wurden, wurden ihre Schuhe, Rucksäcke und Bündel von ihnen genommen. Am 2. November 1942 wurden die Ereignisse mit sogar größerer Grausamkeit und Energie wiederholt. Schreiend wie wilde Tiere und mit Mord in ihren Augen, fingen die Deutschen an, alle Juden von ihren Häusern in die Wintermorgenkälte zu treiben. Alte Leute, Männer, Frauen und Kinder wurden in den Reihen ausgerichtet. War der Anblick der Kinder von 4-5 Jahren schrecklich, getrennt von ihren Eltern, da sie ihre Mörder gegenüberstanden. Tat so jüdische Kinder marschieren zum Krankenhaushof auf ihrer Weise zur Vernichtung. Familien fingen an, in den Reihen von fünf anzukommen. Unter ihnen waren Reb Godel und seine Familie und Kalman Pinkusewicz und seine Familie, abgesehen von seiner ältesten Tochter Pesska, die nach im Townlet blieb, da sie eine autorisierte Arbeitserlaubnis hatte. Es gab auch R' Motel Neimitz und seine Familie, abgesehen von seinem Sohn Moshe, der ein gesundheitlicher Gesundheitsfürsorger war. Rabbiner-Motel marschierte mitten in der Reihe. Alle Leute, in den Reihen von 100 oder von 120, wurden in die Waggons gedrückt. Waggons ohne Wasser und Toiletten für 7.000 Personen. Die Waggons wurden dann fest, von einem Soldaten verriegelt, der auf dem Dach saß!

Herum 900 jüdische manuelle Arbeitskräfte blieben in Tomaszow Maz., sie mussten in einem Arbeitslager der Organisation Todt in der Stadt arbeiten. Am 29. Mai 1943 wurde dieses Lager auch liquidiert. 650 Überlebende wurden nach Blizyn zum Arbeitslager verbannt, in dem die meisten von ihnen umkamen. 40 Juden mussten das Arbeitslager bis September 1943 säubern. Dann kamen sie nach Starachowice zum Arbeitslager, Schicksal unbekannt.

Herum 200 Juden kamen nach Tomaszow Mazowiecki nach dem Krieg zurück. Eine jüdische Gemeinschaft wurde nicht wieder gebildet.

 

Quelle: Enzyklopädie des Holocaust M. Grossman: " Zwangsverschickung der Juden von Tomaszow Mazowiecki in 1942"

 

Historische Dokumente 1939 vom AA


Historische Dokumente - Auswärtiges Amt 1939 

 

 

Nr. 366

Der Deutsche Konsul in Lodz an das Auswärtige Amt

 

Lodz, den 8. Mai 1939

 

Der Terror der verhetzten polnischen Bevölkerung gegen die Deutschen in der Woiwodschaft Lodz, der sich durch zahlreiche Schlägereien mit oft schweren Körperverletzungen, Drohungen, Beleidigungen, Boykott, Eigentumsbeschädigungen, Verhaftungen und Schikanen aller Art - nicht zuletzt durch Brandstiftungen - äußert, hält unvermindert an. Unverkennbar besteht bei der polnischen Bevölkerung die Absicht, das Deutschtum in seiner Existenz zu vernichten, soweit es sich nicht völlig polonisieren lassen will.

 

In unverantwortlicher Weise werden durch die Lehrerschaft in den Schulen polnische Kinder gegen die deutschen aufgehetzt bzw. den deutschen Kindern kein Schutz gewährt. Auf dem Wege zur Schule werden deutsche Kinder in beinahe allen Orten angegriffen, angepöbelt und nicht selten von anderen Kindern geschlagen oder mit Steinen beworfen. Bereits 5jährige Kinder singen Schmählieder auf die Deutschen, wobei in den Liedertexten nicht selten Verwünschungen des Führers vorkommen. In vielen Orten müssen die Eltern daher ihre Kinder bis zur Schule begleiten, um sie vor Angriffen zu schützen.

 

Auf dem Lande wurden Häuser deutscher Bauern angezündet. So brannten erst kürzlich in der Nacht vom 26. bis 27. April gleichzeitig die Anwesen der deutschen Landwirte Rudolf Albrecht und Julius Hein in Rokitnica, Kreis Lask, nieder. Zweifellos lag Brandstiftung vor. Während des Brandes erklärten die polnischen Nachbarn: »Die Hitlerleute sollen verbrennen, am besten wirft man sie ins Feuer Es konnte nur das Vieh gerettet werden.

 

Allerorts wurde bei den Polen die Parole ausgegeben, von Deutschen weder Grundstücke noch Vieh mehr zu kaufen, da sie demnächst doch fliehen und ihre Habe zurücklassen müssten.

 

Das Deutschtum ist hier in höchstem Grade beunruhigt und rechnet mit der Möglichkeit weiterer und größerer Ausschreitungen, wenn die von der Regierung geduldete Aufhetzung des urteilslosen Pöbels durch chauvinistische polnische Organisationen und durch die Presse ungehindert fortgesetzt wird.

 

von Berchem

 

 

Nr. 370

Der Deutsche Konsul in Lodz an das Auswärtige Amt

 

Lodz, den 15. Mai 1939

 

Sehr schwere Ausschreitungen, die man als Deutschenpogrom bezeichnen kann, ereigneten sich am vergangenen Samstag, dem 13., und Sonntag, dem 14. Mai, in der Stadt Tomaszow-Mazowiecki (etwa 42.000 Einwohner, davon etwa 3.000 Deutsche), bei denen zahlreiche deutsche Existenzen vollständig vernichtet wurden. Dem Deutschen Schmiegel wurde der Schädel gespalten und eine Frau, deren Namen ich bisher nicht erfahren konnte, wurde bei ihrer Flucht auf einem Felde totgeschlagen. Der Sohn des Schmiegel, der aus einem Fenster des 2. Stockwerks eines Hauses geworfen wurde, liegt schwer verletzt darnieder.

 

Die Ausschreitungen begannen am Sonnabend, dem 13. Mai. Einige Tage vorher hatte der der Regierungspartei nahe stehende »Verband der Polnischen Berufsverbände« in groß plakatierten Aufrufen eine »Demonstration gegen die Deutschen« für Sonnabend, den 13. Mai, angekündigt. Diese begann durch Ansprachen vom Balkon eines Gebäudes aus, in dem der genannte Verband, die Regierungspartei OZON und dessen Jugendorganisation »Mloda Polska« (»Das junge Polen«) ihre Geschäftsräume hatten. In den Reden vor einer großen Menschenmenge wurde in übelster Weise gegen Deutschland gehetzt und behauptet, die Polen würden im Reich sehr schlecht behandelt, man bräche ihnen Füße und Hände, vernichte ihre Schulen und Kirchen und dergleichen mehr. Als der Pöbel genügend aufgewiegelt war, übergaben die Leiter der Demonstration Formulare an verschiedene zweifelhafte Elemente, die in Begleitung der Volksmenge von den Fabrikleitungen die sofortige Entlassung aller Deutschen und die Unterzeichnung der diese Erklärung enthaltenden Formulare fordern sollten. Das geschah dann auch. Unter dem Druck der Straße mussten sich die Firmen dazu bereit erklären und man trieb daraufhin die deutschen Arbeiter aus den Fabriken. Nachdem dies erreicht war, fing die Menge an, alle deutschen Geschäfte und Privatwohnungen systematisch vollständig zu demolieren. In einer wilden Raserei vernichteten sie ziemlich alles deutsche Privateigentum. Die Deutschen wurden wie Freiwild gejagt, sie flüchteten sich auf das Land hinaus und kehrten erst bei Tagesanbruch wieder zurück. Viele wurden durch Messerstiche und Stockhiebe erheblich verletzt.

 

Während des Sonntags war dann zunächst Ruhe. Am Abend begannen die Ausschreitungen aber von neuem und die Menge vernichtete alles deutsche Privateigentum, das vom vorherigen Tage noch heil geblieben war. Besonders hervorzuheben ist, dass die Polizei mit den Demonstranten mitmarschiert war und nichts tat, um das Leben und Eigentum der Deutschen zu schützen. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Ausschreitungen unter Duldung der Regierung erfolgt sind, wenn nicht sogar auf ihre Veranlassung hin. Jetzt, nach den abgeschlossenen Terrorakten, patrouillieren, um den Schein zu wahren, Polizeikommandos mit aufgepflanztem Seitengewehr in den Straßen der Stadt.

 

In Lodz wurden am Sonnabend Abend die Fensterscheiben der Ruppertschen Buchhandlung in der Petrikauerstraße, die deutsche Bücher und Zeitschriften verkauft, eingeschlagen, ferner die Fenster des Lokals des (völlig unpolitischen) Berufsverbandes Deutscher Angestellter. Weiterhin erfolgten am gestrigen Sonntag Ausschreitungen im Kinotheater »Stylowy« während des deutschen Films »Land der Liebe«, wobei Terroristen das Publikum zum Verlassen der Vorstellung zwangen und vor dem Theater mit Latten, in denen Nägel steckten, auf die flüchtenden Menschen eingeschlagen haben.

 

Da zunächst kein Grund zur Annahme besteht, dass die Terrorakte eingestellt werden, wird die Lage von den hiesigen Deutschen als sehr ernst angesehen. In zunehmendem Maße entschließen sich diese zur Abwanderung und zum Verkauf ihres Grundeigentums, da sie ihre Existenz in Polen als gefährdet ansehen. Man fürchtet die Polen, die, wenn alle Hemmungen bei ihnen beseitigt sind, vor keinem Roheitsakt zurückschrecken und von der hiesigen deutschen Bevölkerung viel schlimmer eingeschätzt werden als die schlimmsten Terroristen der früheren russischen Zeit.

 

 

von Berchem

 

Nr. 371

Der Deutsche Konsul in Lodz an das Auswärtige Amt

 

Lodz, den 18. Mai 1939

 

Eine große Anzahl von Deutschen aus Tomaszow haben auf dem Konsulat Angaben über die Ausschreitungen vom 13. und 14. d. M. und über den ihnen zugefügten Schaden gemacht und gebeten, ihnen die Abwanderung nach Deutschland zu ermöglichen. Die Gesamtzahl der Geschädigten geht in die Tausende, da ja alle Deutschen mit nur ganz wenigen Ausnahmen Opfer des Pogroms geworden sind. Auch aus den bei Tomaschow gelegenen Dörfern, wo deutsche Bauern wohnen, werden sehr große Sachschäden gemeldet.

 

Im Krankenhaus in Tomaschow befinden sich etwa 10 Schwerverletzte Deutsche.

 

 

von Berchem

 

 

Nr. 372

Der Deutsche Generalkonsul in Kattowitz an das Auswärtige Amt

 

Kattowitz, den 19. Mai 1939

 

Ich beehre mich, eine erneute Sammlung¹ von mehr als 100 Fällen über Ausschreitungen gegen Angehörige der deutschen Volksgruppe vorzulegen. Bei den Zwischenfällen handelt es sich in der Hauptsache um Verhaftungen, Bestrafungen, Hausdurchsuchungen, Bedrohungen, Freiheitsberaubungen, Überfälle, ferner um die Beschlagnahme von deutschen Zeitungen, um deutschfeindliche Aufrufe sowie in größerem Umfange um weitere Entlassungen von Minderheitsangehörigen, die in den Industriebetrieben beschäftigt waren.

 

 

Nöldeke

 

 

Nr. 374

Der Deutsche Botschafter in Warschau an das Auswärtige Amt

 

Warschau, den 22. Mai 1939

 

Die Spannung der letzten Wochen ist auch auf das Deutschtum in Wolhynien nicht ohne Rückwirkungen geblieben. Die Wolhynien-Deutschen sind zwar insofern günstiger als die Volksdeutschen der Westgebiete gestellt, als sie nicht unter den im Westen üblichen Boykottaktionen und Ausschreitungen der Nationalpolen, die in Wolhynien nur eine kleine Minderheit darstellen, zu leiden haben. Von polnischer Seite werden dort ferner die Ukrainer, die nach wie vor dem polnischen Staate in unversöhnlicher Feindschaft gegenüberstehen, auch heute noch als Hauptgegner angesehen, was in zahllosen Verhaftungen und Drangsalierungen der ukrainischen Bevölkerung zum Ausdruck kommt. Immerhin hat sich aber die Haltung der Behörden auch gegenüber den Wolhynien-Deutschen ständig verschärft.

 

Immer offener tritt die antideutsche Einstellung der Schulbehörden zu Tage. Die Schließung der deutschen Schulen geht z. Z. in einem solchen Ausmaße vor sich, dass die völlige Vernichtung des deutschen Schulwesens nur noch eine Frage kurzer Frist ist. In den letzten Tagen sind allein fünf deutsche Schulen in den Orten Rózysce, Bryszcze, Harazdze, Adamow und Ludwików geschlossen worden. Damit sind weitere 400 volksdeutsche Kinder ohne deutschen Unterricht. Ferner wurden einer Reihe von Lehrern die Loyalitätszeugnisse verweigert, so dass sie hinfort nicht mehr die Lehrtätigkeit ausüben können.

 

Für den Ernst der Lage, in der sich das wolhynische Deutschtum befindet, ist es schließlich bezeichnend, dass auch hier in den letzten Monaten die illegale Abwanderung ins Reich trotz des weiten Weges zur Grenze immer stärker einsetzte.

 

In diesem Zusammenhang sind Nachrichten von Interesse, die der Botschaft kürzlich von einem zuverlässigen Gewährsmann über das Kirchspiel Kostopol im östlichen Wolhynien zugegangen sind. Allein aus Kostopol waren in letzter Zeit 250 Familien abgewandert, nachdem sie ihren Besitz zu Schleuderpreisen verkauft hatten. Ein großer Teil dieser Abwanderer gelangte jedoch nicht ins Reich, sondern wurde an der Grenze von den polnischen Behörden wieder zurückgewiesen, so dass die zwangsweise Zurückgekehrten nunmehr völliger Verarmung preisgegeben sind. Mehrere junge Leute sind ferner beim Versuch des Grenzüberganges von polnischen Grenzsoldaten erschossen worden. Aus Kostopol sind dem Gewährsmann fünf derartige Fälle bekannt geworden.

 

von Moltke

 

 

Nr. 376

Der Deutsche Generalkonsul in Kattowitz an das Auswärtige Amt

 

Kattowitz, den 30. Mai 1939

 

Die Lage hat sich leider auch in den letzten beiden Wochen nicht gebessert. Eine weitere Sammlung¹ von insgesamt 48 Zwischenfällen beehre ich mich vorzulegen. Hinzufügen möchte ich noch, daß die deutsche Minderheit durch die ständigen Ausschreitungen naturgemäß außerordentlich eingeschüchtert ist, so daß heute kaum ein Angehöriger der deutschen Volksgruppe es noch wagt, auf der Straße deutsch zu sprechen. Trotzdem lassen die Angriffe auf Volksdeutsche auf offener Straße nicht nach, und es sind auch jetzt wieder häufig schwere Ausschreitungen vorgekommen. Täter sind meist Angehörige des so genannten Verbandes der Jungen Aufständischen.

 

Nöldeke

 

 

Nr. 381

Der Deutsche Konsul in Lodz an das Auswärtige Amt

 

Lodz, den 7. Juni 1939

 

Wenn es auch seit den Vorfällen in Tomaschow¹ und Konstantynow² bisher nicht wieder zu Massenüberfällen und Ausschreitungen des Mobs gegen Deutsche gekommen ist, da den polnischen Behörden derartige Aufsehen erregende Ereignisse offenbar aus propagandistischen Gründen unerwünscht sind, so geht der Kampf gegen das Deutschtum dennoch mit Duldung und Förderung der Behörden auf der ganzen Linie in allen Teilen des Amtsbezirks weiter. Täglich werden dem Konsulat Einzeltatsachen berichtet, die keinen Zweifel daran lassen, dass durch Drohungen, Einschüchterungen, von den Behörden veranlassten Entlassungen und Schikanen aller Art an der materiellen und seelischen Zermürbung des Deutschtums gearbeitet wird.

 

Die Bedrohungen der Volksdeutschen mit Totschlag, Folterungen usw. sind in allen Teilen der Woiwodschaft zu täglichen Selbstverständlichkeiten geworden. Ebenso sind Beschädigung und Diebstahl deutschen Eigentums (Holzdiebstahl, Umlegen von Obstbäumen, Vergiftung von Hunden usw.) auf dem flachen Lande an der Tagesordnung, ohne daß die Polizei auf die Anzeige der Geschädigten hin ernstliche Bemühungen zur Entdeckung oder Bestrafung der Täter unternimmt. Die ständigen Morddrohungen haben zu einer sehr starken Nervosität der Volksdeutschen in den abseits gelegenen Höfen und auch in einzelnen stärker mit Deutschen besiedelten Dörfern geführt. Noch immer gibt es ganze Familien, die in den Wäldern und Feldern schlafen, da nächtliche Bandenüberfälle auf das Haus befürchtet werden. In verschiedenen Dörfern sammeln sich nachts die deutschen Familien; während Frauen und Kinder schlafen, unterhalten die mit Knüppeln und Heugabeln bewaffneten Männer einen Wachtdienst. Das starke Gefühl des ständigen Bedrohtseins hat die Abwanderungstendenz ganzer Dörfer in den letzten Wochen ungemein verstärkt. Die Bauern sind bereit, ihr Hab und Gut zu lächerlich niedrigen Preisen zu veräußern, was wiederum die Polen zur Fortsetzung ihres Terrors ermuntern dürfte, da die polnische Bevölkerung hofft, sich bei Abwanderung der Deutschen billig oder umsonst in den Besitz des zurückgelassenen Grund und Bodens setzen zu können. In vielen Fällen haben die bedrohten Bauern ihren Besitz einfach im Stich gelassen und sind über die »grüne Grenze« abgewandert. Neuerdings ist jedoch die polnische Grenzkontrolle so verstärkt worden, dass die Gefahr der Verhaftung und strenger Bestrafung wegen »illegaler Auswanderung« sehr groß geworden ist. Es scheinen bereits Hunderte von Volksdeutschen wegen unerlaubten Grenzübertritts in polnischen Gefängnissen zu sitzen.

 

Die industrielle deutsche Bevölkerung leidet in steigendem Maße unter Arbeitslosigkeit. Diese ist vor allem auf die systematische Verdrängung unserer Volksgenossen aus den Arbeitsplätzen zurückzuführen. Die Unternehmer werden durch behördlichen Wink, durch Druck ihrer Lieferanten und Abnehmer sowie durch die Drohungen der polnischen Belegschaft und der Straße gezwungen, die volksdeutschen Arbeitnehmer fristlos zu entlassen. Selbst volksdeutsche Fabrikbesitzer haben sich diesen Forderungen des aufgeputschten Polentums nicht entziehen können. Noch immer werden von polnischen Verbänden aller Art Entschließungen angenommen, in denen die Behörden ersucht werden, alle Deutschen aus ihren Arbeitsstellen zu entfernen, und in denen gleichzeitig zum Boykott der deutschen Firmen aufgefordert wird.

 

Von dem von Polen durchgeführten Boykott werden besonders die kleinen deutschen Geschäftsleute und Ladenbesitzer betroffen. Dem Konsulat sind Fälle bekanntgeworden, in denen der monatliche Umsatz kleiner Kaufleute auf 1/5 bis 1/10 des Normalstandes zurückgegangen ist. Diesen Deutschen bleibt nichts anderes übrig, als ihre beschleunigte Abwanderung zu betreiben, da die Weiterführung des Geschäfts täglichen Kapitalverlust bedeutet.

So setzt der polnische Chauvinismus den Kampf gegen das Deutschtum mit allen Mitteln und auf allen Gebieten fort. Wird dieser Kampagne nicht in absehbarer Zeit Einhalt geboten, so wird eine völlige Zerschlagung des Deutschtums im Lodzer Bezirke die unabwendbare Folge sein.

 

von Berchem

 

Nr. 415

Aufzeichnung eines Beamten der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amts

 

Berlin, den 20. August 1939

 

Dem Auswärtigen Amt sind in den letzten Monaten dauernd Berichte der deutschen Konsulate in Polen zugegangen über grausame Misshandlungen, denen die Volksdeutschen durch die in immer zunehmendem Maße aufgehetzten und in ihrem Fanatismus völlig hemmungslosen Polen ausgesetzt sind. In der Anlage sind 38 besonders schwerwiegende Fälle zusammengestellt, bei denen die Gleichartigkeit bemerkenswert ist, mit der die Überfälle auf die Volksdeutschen inszeniert werden. Im Hinblick hierauf erscheint die Frage berechtigt, inwieweit diese Ausschreitungen von den Behörden geduldet oder gefördert werden. Trotz der Versicherungen, die der Botschaft in Warschau immer wieder von maßgeblicher polnischer Seite erteilt wurden, wonach die Polnische Regierung ihre ganze Autorität aufbiete, die Deutschenverfolgungen zu verhindern, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass amtliche Stellen die Ausschreitungen gegen das Deutschtum nach Möglichkeit fördern, um auch auf diese Weise die Kriegsstimmung im polnischen Volke aufrechtzuerhalten.

 

Bergmann

 

Anlage

 

1. Am 2. April wurden 8 Mitglieder des deutschen Sportklubs in Kl. Komorsk, Kr. Schwetz, auf dem Hofe des Volksdeutschen Pankratz von Polen überfallen, die mit Knüppeln sowie Dreschflegeln auf die Deutschen einschlugen. Ein Niedergeschlagener wurde in die Jauchegrube gestoßen. Pankratz wurde so zugerichtet, dass der Arzt ihn für 6 Wochen für arbeitsunfähig erklärte. Am Tage darauf wurde Pankratz von der Polizei verhaftet.

 

2. Am 17. April 1939 wurde der Volksdeutsche Fritz Pawlik aus Ciszowieco durch eine Gruppe von Polen unter Führung des Polen Malcharek so schwer geschlagen, dass er von der Polizei bewußtlos in die Wohnung seiner Eltern geschafft werden musste. Obwohl die Bewusstlosigkeit noch am folgenden Tage andauerte, lehnten die polnischen Behörden die Aufnahme in ein Krankenhaus ab.

 

3. Am 19. April 1939 wurden die Volksdeutschen Peter Kordys und Richard Mateja in Kattowitz von etwa 40 Aufständischen überfallen. Die beiden Deutschen wurden so geschlagen, dass Kordys blutüberströmt flüchtete, während Mateja schwerverletzt liegen blieb. Er wurde von der Polizei abtransportiert und, ohne einem Arzt vorgestellt zu werden, in das Gerichtsgefängnis eingeliefert.

 

4. Am 23. April 1939 wurde ein Austräger der Kattowitzer Zeitung, der Invalide Cofalka, der bereits im vorgerückten Alter und schwerhörig ist, von Aufständischen in Chorzow überfallen und blutig geschlagen. Cofalka hat als Folgen des Überfalls das Gehör auf einem Ohr ganz verloren.

 

5. Am 27. April wurden Hermann und Emil Mathies aus Liebenwalde, Kr. Schwetz, in ihrer Wohnung überfallen und so misshandelt, dass dem einen mehrere Zähne eingeschlagen und der Unterkiefer zertrümmert wurde, während der andere besinnungslos liegen blieb.

 

6. Am 28. April 1939 wurde der Volksdeutsche Fritz Köppke aus Zbiczno, Kr. Strasburg, von Mitgliedern des Reservistenverbandes überfallen und so schwer misshandelt, dass ihm zwei Rippen gebrochen wurden. Er musste wochenlang zu Bett liegen und war arbeitsunfähig.

 

7. Am 30. April wurden mehrere junge Volksdeutsche in Piaski, Kr. Schwetz, überfallen. Der Volksdeutsche Eckert wurde hierbei so zugerichtet, daß er besinnungslos liegen blieb. Dem Volksdeutschen Oswald Frey aus Schönreich wurden mehrere Zähne ausgeschlagen.

 

8. Am 3. Mai wurde der Volksdeutsche Franz Hybiorz aus Bijasowice von etwa 20 Polen in Reservistenuniform überfallen und mit Gummiknüppeln derartig zusammengeschlagen, daß er bewußtlos auf der Straße liegen blieb.

 

9. Am 4. Mai wurde der Volksdeutsche Ehrenfried Heiber auf dem Bahnhof in Bismarckhütte von hinten mit einem stumpfen Gegenstand niedergeschlagen, so daß er besinnungslos liegenblieb. Er erhielt eine 10 cm lange und 1 cm breite Wunde. Die Polizei weigerte sich, eine Anzeige über den Überfall aufzunehmen.

 

10. Am 5. Mai würde der Schüler Rauhut des deutschen Gymnasiums in Bromberg von mehreren Polen überfallen, die ihm mit einer Flasche derart auf den Kopf schlugen, daß die Flasche zerbrach und Rauhut mit schweren Schnittwunden am Kopf zusammenbrach. Als er sich wieder aufraffte, wurde er von Passanten, die der rohen Tat Beifall gezollt hatten, erneut niedergeschlagen.

 

11. Am 9. Mai wurden die Volksdeutschen Richard Fandrey aus Neukirchen, Kr. Schubin, und der Bauer Damrau von etwa 30 Polen überfallen und mit Steinen und Stöcken so schwer misshandelt, daß ihr Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerschlagen war.

 

12. Am 12. Mai drang der Aufständische Valentin Jendrzejak in die Wohnung des Volksdeutschen Robert Robotta in Kattowitz ein, ergriff einen Stuhl und schlug damit auf Robotta ein; dieser erhielt einen Schlag gegen den linken Arm, der im Handgelenk brach. Den Wehrlosen bearbeitete der Pole sodann mit Fußtritten gegen den Unterleib und die Hüfte. Die Tochter des Robotta wollte vom Kolonialwarengeschäft Poloczek aus, die Polizei anrufen, doch ließ es der Geschäftsinhaber nicht zu, da die Polizei nur für Polen da sei.

 

13. Am 14. und 15. Mai wurden in Tomaschow, Konstantynow und anderen Orten der Woiwodschaft Lodz Hunderte von Volksdeutschen überfallen, ihre Wohnungen geplündert und zerstört. Ein Volksdeutscher wurde bei dem Pogrom totgeschlagen, 10 andere so schwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wurde, zahlreiche andere Volksdeutsche wurden leichter verletzt.

 

14. Am 16. Mai 1939 überfiel der Aufständische Leo Krawczyk die Volksdeutsche Adelheit Cichy in Kattowitz. Er trat ihr mit dem Stiefel in die Leistengegend und versuchte, sie die Treppe des Hauses herunterzuwerfen. Frau Cichy erlitt zahlreiche Verletzungen am Kopf, Schenkel, der Leistengegend und der Hand.

 

15. Am 18. Mai wurde der Volksdeutsche Paul Enders in Luck ohne Grund verhaftet. Bei den Verhören über seine Zugehörigkeit zur Jungdeutschen Partei wurde er mit Faustschlägen ins Gesicht und Fußtritten in den Leib traktiert. Am 20. Mai wurde er gefesselt nach Równo überführt und dort am 25. Mai entlassen.

 

16. Am 24. Mai wurde der Volksdeutsche Erhard Ossadnik aus Kattowitz von vier uniformierten Polen überfallen, weil er mit einem Bekannten auf der Straße deutsch gesprochen hatte. Ihm wurden zahlreiche Verletzungen in der linken Gesichtshälfte beigebracht und vier Schneidezähne ausgeschlagen.

 

17. Am 27. Mai wurde der Volksdeutsche Josef Mazur aus Kobior von einer größeren Gruppe Polen überfallen. Er wurde mit Gummiknüppeln zusammengeschlagen, so daß er bewußtlos wurde. Der ärztliche Befund ergab zahlreiche Blutergüsse und Schnittwunden am Kopf, im Gesicht und an den Ohren sowie zahlreiche Striemen, blaurot gefärbt und mit geronnenem Blut bedeckt auf der Brust, dem Rücken und Gesäß.

 

18. Am 29. Mai wurde der Landarbeiter Albert Kränk aus Kzywka auf dem Felde von zwei Polen, deren Gesicht unkenntlich gemacht war, überfallen. Er wurde durch Messerstiche und Schläge am Glied und am linken Hoden so schwer verletzt, daß er zur Behandlung in das Krankenhaus Lessen überwiesen werden musste.

 

19. Am 29. Mai 1939 wurde der Volksdeutsche Stühmer, Neudorf, Kr. Briesen, als er die Grenze überschreiten wollte, von Polen festgenommen und erschlagen. Die Angehörigen haben seine Leiche, aufs schwerste verstümmelt, im Graudenzer Krankenhaus wieder erkannt.

 

20. Am 1. Juni 1939 wurde der Volksdeutsche Grubeninvalide Johann Burdzik aus Giszowiec-Myslowice von einem Aufständischen überfallen. Er wurde zunächst gewürgt, dann in den Straßengraben geworfen und mit einem Stock schwer verletzt. Als der Aufständische versuchte, Burdzik die Augen auszudrücken, wurde er von Passanten zurückgerissen, so daß Burdzik mit Blutergüssen am Auge, zahlreichen Quetsch- und Schlagwunden im Gesicht und am Körper sowie zwei losgeschlagenen Zähnen davonkam.

 

21. Am 2. Juni wurde der Volksdeutsche Theodor Stehr aus Konstantynow von einem Polen überfallen. Als er sich zur Wehr setzte, schlugen vier hinzueilende Polen so auf ihn ein, daß er zusammenbrach und mit einem Rippenbruch und anderen Verletzungen in das Krankenhaus eingeliefert werden musste.

 

22. Am 5. Juni wurde der Volksdeutsche Wilhelm Kübel in Kostuchna, der die Kattowitzer Zeitung austrägt, des Zeitungspaketes beraubt. Bei dem Versuch, es wiederzuerlangen, wurde er von anderen Polen zu Boden geschlagen und am Boden liegend mit Fußtritten bearbeitet. Die Polizei griff nicht ein.

 

23. Am 6. Juni wurden die Volksdeutschen Georg Kindler, Bykowina, und Bernhard Harmada in Nowa Wies von Polen überfallen. Kindler wurde mit einer Flasche gegen die Rippen geschlagen, daß die Flasche zerschellte. Harmada, der schwerkriegsbeschädigt ist und ein steifes Bein hat, wurde mit Bierflaschen, Gummiknüppeln und einem Spazierstock so geschlagen, daß er am ganzen Körper Verletzungen und Quetschungen hatte.

 

24. In der Nacht vom 11. zum 12. Juni 1939 wurde der Volksdeutsche Gastwirt Anton Podszwa aus Trzyniec auf dem Heimwege von unbekannten Tätern erschossen.

 

25. Am 15. Juni wurde der Reichsdeutsche Alois Sornik von dem polnischen Waldarbeiter Onufrak in Zielona hinterrücks durch einen Schlag auf den Kopf so schwer verletzt, daß er einige Tage darauf verstarb.

 

26. Am 17. Juni wurde der Volksdeutsche Fritz Reinke aus Tonowo, Kr. Znin, von zwei polnischen Knechten von hinten mit Zaunlatten niedergeschlagen. Die Polen schlugen auch auf den am Boden Liegenden weiter ein, so daß er am Kopf, im Gesicht, an den Schultern, Armen und Händen zahlreiche tiefe Wunden und Blutergüsse erlitt und zunächst arbeitsunfähig ist.

 

27. Am 17. Juni wurde der Volksdeutsche Hans Zierott, Oberausmaß, Kr. Kulm, von drei Männern überfallen und aufgefordert zu sagen: »Der Hitler ist ein Schwein Als er sich weigerte, zwang man ihn dazu mit vorgehaltenem Messer. Zierott ist ein Krüppel und konnte sich nicht wehren.

 

28. Am 20. Juni 1939 wurden die Vorstandsmitglieder der Ortsgruppe Harazdze (Kr. Luck) der Jungdeutschen Partei, die Volksdeutschen Völpel, Dilk und Sawadski zum Polizeikommandanten bestellt. Völpel wurde mit Faustschlägen misshandelt, so daß ihm die Unterlippe durchschlagen wurde, sodann trat ihm der Polizist mehrfach in den Unterleib und riss ihn an den Haaren, bis er seine Austrittserklärung aus der Jungdeutschen Partei unterschrieb und am Tage darauf mit seinen Freunden die Selbstauflösung der ganzen Ortsgruppe beantragte. Kurze Zeit darauf meldete die polnische Presse, Ortsgruppen der Jungdeutschen Partei in Wolhynien lösten sich aus weltanschaulichen Gründen freiwillig auf.

 

29. Am 22. Juni wurde die Volksdeutsche Luzie Imiolcyk aus Chorzow in ihrem Hausflur von zwei Nachbarinnen, den Polinnen Maciejkowiak und Wietrzniak überfallen, und, obwohl sie ein 14 Monate altes Kind in den Armen hatte, schwer geschlagen. Schließlich wurde sie auf den Boden geworfen und ihr wurden Haare ausgerissen. Als sie den Vorfall der Polizei meldete, wurde sie wegen Beleidigung der Polin Maciejkowiak verhaftet.

 

30. Am 2. Juli wurde die Volksdeutsche Luise Sprenzel, die auf dem Rade nach Zytna, Kreis Rybnik, fuhr, von zwei Aufständischen überfallen und so gegen die Schläfe geschlagen, daß sie vom Rade stürzte und bewußtlos auf der Straße liegenblieb.

 

31. Am 7. Juli 1939 wurde der Volksdeutsche Schwerkriegsbeschädigte einarmige Invalide Julius Saeftel aus Szopienice, Kreis Myslowice, nach einer von Polen gestörten Beerdigungsfeier für einen Volksdeutschen von fünf Polen verfolgt und mit Faustschlägen im Gesicht verletzt.

 

32. Am 8. Juli 1939 drang der Pole Kaczmarek in die Wohnung der Volksdeutschen Margarete Plichta aus Tarnowskie ein, indem er mit einem Hammer gewaltsam die Tür sprengte. Sodann ging er mit dem Hammer auf die Volksdeutsche los und schlug ihr mit dem Hammer eine in Notwehr ergriffene Waffe aus der Hand, so daß die Hand schwer verletzt ist. Dann würgte er die Volksdeutsche und drohte ihr an, sie umzubringen. Erst auf Hilfeschreie ließ er von seinem Opfer ab.

 

33. Am 23. Juli drangen drei polnische Soldaten in die Wohnung des Volksdeutschen Ewald Banek in Sypiory, Kreis Schubin, ein und verlangten Lebensmittel und Getränke. Nachdem sie sie unentgeltlich erhalten hatten, beschimpften sie die anwesenden Familienmitglieder und schlugen auf sie ein. Banek wurde durch Seitengewehrstiche in die linke Schulter und den rechten Arm erheblich verletzt. Gleichzeitig erzwangen polnische Soldaten Zutritt zur Wohnung des Volksdeutschen Arthur Pahlke und versuchten Frau Pahlke zu vergewaltigen. Als Pahlke seine Frau verteidigen wollte, wurde er auf das schwerste mißhandelt.

 

34. Am 6. August brach eine Bande junger Polen das Tor zum Anwesen des 72jährigen Volksdeutschen August Mundt in Bialezynek auf, verletzte Mundt am Auge und Unterkiefer, schlug auf seinen Sohn Wilhelm mit Knüppeln und Steinen ein, so daß dieser bewußtlos niederbrach, und misshandelte auch den bei Mundt tätigen Landarbeiter Karl Jesser.

 

35. Am 9. August drang Polizei in das christliche Hospiz in Kattowitz ein, wo gerade eine Mitgliederversammlung des deutschen Volksbunds stattgefunden hatte. Die bewaffnete Polizei schlug auf die anwesenden 18 Volksdeutschen mit Gummiknüppeln und Kolben ein und schleifte sie zur Wache. Während der Nacht wurden sie unter schweren Misshandlungen über den Verlauf der Versammlung vernommen, so daß sie bei ihrer Entlassung am folgenden Morgen mit blauen und roten Flecken und Striemen bedeckt waren. Einem Volksdeutschen war der Arm verrenkt worden, ein anderer hatte durch die Schläge auf den Kopf zunächst das Gehör verloren.

 

36. Am 14. August wurde der Volksdeutsche Thomalla aus Karwin auf Grund haltloser Verleumdungen festgenommen. In der zweitägigen Untersuchungshaft erhielt er weder Nahrung noch Wasser. Er wurde bei den Verhören mit Knüppeln und Fäusten blutig und besinnungslos geschlagen, so daß er bei seiner Entlassung am 16. August geistig verwirrt war.

 

37. Mitte August wurden in Oberschlesien zahllose Volksdeutsche unter dem Vorwand, Hochverrat begangen zu haben, verhaftet. Der verhaftete Volksdeutsche, Kreisleiter der Jungdeutschen Partei, Rudolf Wilsch aus Laurahütte, wurde während des Verhörs vollkommen zusammengeschlagen, unter der Androhung der Vierteilung und ähnlicher Torturmethoden wurde der Schwermißhandelte erpresst, die gegen ihn zu Unrecht erhobene Anklage zuzugeben.

 

38. Der Reichsangehörige Jäger, der Volksdeutsche Grant, Fräulein Kiesewalter und Fräulein Neudam sowie andere Reichs- und Volksdeutsche wurden in polnischen Gefängnissen zur Erpressung von Geständnissen schwer mißhandelt. Ihnen wurden z. B. Einspritzungen brennender Flüssigkeiten in die Geschlechtsorgane gemacht, Rippen gebrochen, sie wurden mit elektrischem Strom mißhandelt, und es wurde ihnen nach langem Aufenthalt in heißen Räumen Salzwasser als Getränk verabfolgt. Der Volksdeutsche Schienemann, der noch in Sieradz einsitzt, ist körperlich völlig zerrüttet und verlor bei der Inquisition fast alle Zähne.

 

Zusammenfassung: Vernichtungsfeldzug gegen die deutsche Volksgruppe

 

Das vierte Kapitel bringt den Nachweis für den Missbrauch Polens als Werkzeug des englischen Kriegswillens (Nr. 349 bis 482). Die Auswirkung der britischen Blankovollmacht war sofort zu spüren. Polen setzte zum Vernichtungsfeldzug gegen die deutsche Volksgruppe an. Einen Tag nach dem polnischen Nein, am 27. März 1939, kommt es in Bromberg unter Rufen wie » Weg mit Hitler«, »Wir wollen Danzig«, »Wir wollen Königsberg« zu deutschfeindlichen Demonstrationen (Nr. 349). An anderer Stelle wird bei einem Kameradschaftsabend der Reichsdeutschen von eindringenden Polen Führerbild und Reichsflagge vernichtet (Nr. 350), wogegen schärfster Protest eingelegt wird (Nr. 351 und 352). Thorn und Posen müssen Ende März von neuerlicher Verschärfung der Hetze, Demonstrationen, tätlichen Angriffen und annexionistischen Forderungen berichten (Nr. 353, 354 und 355). In Posen halten die Ausschreitungen eine volle Woche an. Es kommt immer öfters zu Überfällen auf Volksdeutsche, wobei es Schwerverletzte gibt (Nr. 355 und 357). Deutsche Proteste sind erfolglos (Nr. 360). Anfang April wird ein öffentlicher Aufruf in ganz Polen verbreitet, der das Generalprogramm für die Entdeutschung des Landes enthält (Nr. 358). Mitte April überschreiten die ersten deutschen Flüchtlinge die Grenze (Nr. 359). Den Konsulaten ist es fast unmöglich, alle Fälle einzeln aufzuführen (Nr. 361). Auch in Oberschlesien tobt die Hetze ohne Maßen (Nr. 362). Terrorakte füllen die Berichte der deutschen Konsulate (Nr. 363). Der Aufständischenverband gibt die Terrorbefehle aus (Nr. 364). Am 6. Mai meldet Generalkonsulat Kattowitz 200 Terrorfälle (Nr. 365), am 19. Mai weitere hundert (Nr. 372) allein aus Oberschlesien. Kein Deutscher ist seines Lebens und seines Eigentums mehr sicher. Der Terror greift auch auf das kongreßpolnische Gebiet über und wird durch planmäßige Brandstiftung verschärft (Nr. 366). Die letzten kulturpolitischen Stützpunkte des Deutschtums werden zerstört (Nr. 369, 373, 374, 377, 379, 383, 385, 390, 391, 399 usw.). Die deutsche Volksgruppe wendet sich in ihrer Verzweiflung an den Polnischen Staatspräsidenten (Nr. 369). Die Englische Regierung wird durch die Deutsche Botschaft über diese friedensgefährliche Entwicklung auf dem laufenden gehalten (Nr. 368), ohne daß etwas geschieht. Mitte Mai steigert sich die Hetze zu Deutschenpogromen, bei denen Tausende von Deutschen »wie Freiwild« gejagt werden (Nr. 370 und 371). Die Flüchtlingsbewegung nimmt zu (Nr. 374), desgleichen das polnische Säbelrasseln, die Verkündung annexionistischen Kriegsziele (Nr. 367, 378) und die öffentlichen Verunglimpfungen und Beleidigungen des Führers, die erneut zu scharfen Protesten zwingen (Nr. 382). Auf dem wirtschaftlichen Sektor werden planmäßig deutsche Genossenschaften, Molkereien und Apotheken liquidiert (Nr. 380, 395). Lodz meldet am 7. Juni: »Die Bedrohungen der Volksdeutschen mit Totschlag, Folterungen usw. sind zu täglichen Selbstverständlichkeiten geworden Ganze Familien bringen wegen der ständigen Morddrohungen ihre Nächte in den Wäldern zu (Nr. 381).

 

Proteste im Polnischen Außenministerium werden mit Achselzucken und stillschweigendem Eingeständnis beantwortet, daß man gegenüber den Militärs machtlos und der Gefangene des polnischen Chauvinismus geworden ist (Nr. 382 und 385). Nach 2½ Monaten englischer Garantie fasst der Deutsche Botschafter in Warschau seine Eindrücke dahin zusammen, »daß die Verhetzung Ausmaße angenommen hat, wie er sie während seiner langjährigen Tätigkeit nicht habe beobachten können« (Nr. 385). Nach den Apotheken, Krankenhäusern und konfessionellen Vereinshäusern werden die Deutschen Heime in Posen, Bromberg, Lodz, Tarnowitz, Karwin und Oderberg geschlossen und enteignet (Nr. 377, 379, 385, 390). Dann geht man zum Angriff gegen das religiöse und kirchliche Leben der deutschen Volksgruppe, vor allem gegen die evangelische Kirche, über. Ein Bethaus der Brüdergemeinde wird demoliert (Nr. 388). Polnische Bischöfe werden von einem Generalstabsoberst aufgefordert, dafür zu beten, daß den »polnischen Brüdern jenseits der Grenze ihre Probezeit verkürzt und sie durch ein zweites Grunwald aus der Unfreiheit erlöst würden« (Nr. 392). Ein Bericht der Deutschen Botschaft vom 5. Juli schildert die Verfolgung der evangelischen Kirche und ihrer Diener, er zeigt, daß die Anschläge gegen Kirchen und Pfarrer zu einem System geworden sind (Nr. 394). Die theologische Hochschule des deutschen Protestantismus in Posen wird geschlossen (Nr. 411). Das englische Christentum, dem diese Dinge bekanntgegeben wurden, schwieg dazu. Immer mehr stellt sich heraus, daß die Behörden selbst die Träger des Liquidationsprozesses sind (Nr. 396). Die englische Mitverantwortung dafür stellt der Deutsche Botschafter in Warschau fest, indem er schreibt, »die Polnische Regierung fühlt sich offensichtlich durch die englische Blankovollmacht so stark, daß sie es nicht mehr für nötig hält, bei der Behandlung der Minderheit irgendeine Rücksicht auf die deutschen Interessen zu nehmen« (Nr. 397). Konsulat Lemberg berichtet Mitte Juli, daß in seinem Amtsbezirk gegen das Deutschtum mit den Methoden vorgegangen wird, die bei den berüchtigten Pazifikationen 1930 gegen die Ukrainer angewandt worden waren (Nr. 400). Nun beteiligt sich auch das Militär an den Ausschreitungen (Nr. 403). Das Deutschtum in Galizien steht vor der Vernichtung. Es sieht keine Zukunft mehr und wird mit Brandstiftung und Gefahr an Leib und Leben bedroht (Nr. 407), Was der offene Terror übersieht, wird durch Steuerterror und Behördenschikane nachgeholt (Nr. 408).

Im August 1939 nähert sich die Verfolgung des Deutschtums in allen Woiwodschaften ihrem Höhepunkt. Haussuchungen und Verhaftungen sind an der Tagesordnung (Nr. 410, 412). Die letzten deutschen Vereine werden geschlossen (Nr. 414). Eine Aufzeichnung des Auswärtigen Amts zeigt aus einer unübersehbaren Fülle von Terrorakten 38 typische und schwerwiegende Fälle (Nr. 415). Es ist eine Liste des Schreckens, die nur noch durch die Scheußlichkeit der Bromberger Mordnacht und die Hinschlachtungen der Deutschen in ganz Polen übertroffen wird, deren traurige Spuren die deutsche Armee verfolgen konnte. Die Volksdeutschen der Grenzgebiete werden ins Innere verschleppt oder in Konzentrationslager geworfen (Nr. 417). Die Zahl der Flüchtlinge überschreitet 70 000 (Nr. 416).

Victor W.

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